Unsere Sinne sind unsere Wurzeln. Verkümmern sie?
20. Februar 2018 Gesellschaft | Manuela Bach | 4 Kommentare

Große Flügel – kleine Wurzeln

Frei nach Goethe sollten wir alle Wurzeln und Flügel mit auf unserem Weg bekommen.

Optimal ist, wenn beides da ist.

In mir macht sich mittlerweile ein Bild von riesigen Flügeln und minimalen kleinen Wurzeln breit.

Deshalb werde ich auch in diesem Jahr verstärkt mit meinen Kunden an Wurzeln arbeiten. Sie düngen und mit frischer Erde zu Kräften bringen. Natürlich im übertragendenen Sinne.

Die Flügel sind für mich das Sinnbild unseres Umgangs mit der virtuellen Welt. Wir bekommen über unsere Smartphones und PCs so viele virtuelle Dinge in unseren Kopf, dass wir mit dem „Wegwischen“ auf den Smartphones kaum noch nachkommen. Wisch und weg, wisch und weg.

Ebenso auf unseren Computern. Alles virtuell, sozusagen Flügel. Nichts ist greifbar, nichts von Bestand.

Wie schon des Öfteren frage ich mich, wo bleiben unsere Sinne?

Das Anfassen, das Riechen, das Schmecken….

Dies sind Wurzeln unseres Menschseins.  Ich werde nicht müde dieses Thema immer wieder anzusprechen. Wir dürfen diese Sinne nicht verkümmern lassen!

Sind wir selbst irgendwann die Aliens, die wir schon immer vor Augen hatten? Großer Kopf, kleiner Körper? Spielt sich alles nur noch im Kopf ab?

Wer sagt mir irgendwann, was echt und was unecht ist?

Wem gestatte ich in meinem Kopf einen Platz einzunehmen, oder werde ich gar nicht gefragt und es wird eingedrungen?

Mit meinen Sinnen kann ich eine gewisse Wahrhaftigkeit (ja, das Wort gibt es noch) überprüfen.

Darum kämpfe ich auch für Workshops und Veranstaltungen, in denen die Sinne eingesetzt werden und wir frei denken dürfen. Es ist zu einer großen Aufgabe geworden, Menschen eigene Gedanken entwickeln zu lassen. Vor lauter Information, mit der sie tagein tagaus zugeschüttet werden, ist kein Platz dafür. Und das Denken wird zunehmend als richtig anstrengend empfunden.

Ebenso verkümmern die restlichen Sinne. Auch der klagende Einzelhandel hätte doch richtig Potential, wenn er mit mehr Sinnlichkeit arbeiten würde. Er könnte Kunsthandwerk einbinden, Künstler und Dinge, die im Onlineshopping nicht zum Tragen kommen. Sozusagen Disneyworld auf einem anderen Niveau.

Wie halten Sie es mit ihren Sinnen?

Gehen Sie shoppen um die Textilien anzufassen, die später ihren Körper berühren?

Kochen Sie selbst und schmecken zwischendurch ab, und geben Sie ihre ganz persönliche Geschmacksnote dazu?

Bedenken Sie immer, wenn Sie etwas essen: Essen berührt uns von innen.

Treffen Sie sich oft genug mit ihren Freunden und können ihnen bei Gesprächen in die Augen sehen und feststellen, ob Ihre beste Freundin ein neues Parfüm hat?

Streifen Sie einfach mal durch die Gegend ohne Ziel. Das wäre sozusagen googeln ohne berechenbare Informationen, die nach Ihren Algorithmen von anderen für Sie ausgewählt wurden.

Wie sieht es mit Ihren Wurzeln aus?

Einfach mal ein (bisschen) anders

Manuela Bach: eyewall



4 Kommentare zu “Große Flügel – kleine Wurzeln”

  1. Friede Schäfer sagt:

    Manuela,
    Du sprichts mir aus der Seele – Glück, Zufriedenheit, Phantasie, Lachen, Gefühl, Dankbarkeit das bekommt man weder vorm Computer noch vor dem Handy. Geh raus in die Natur und genieße, was da ist – es ist so schön und so vollkommen. Hoffentlich noch lange.

    Flügel brauchen wir, um uns langsam in die Selbständigkeit zu erheben; es sollte eine gute Verbindung zwischen Wurzeln und Flügel geben und einen, der es gut meint.

    In diesem Sinne: Danke für den tollen Gedanken.

  2. Barbara sagt:

    Ja, es ist eine Freude selbst zu kochen und hin wieder ein paar Geschmackexperimente auszuprobieren. Mein Bruder der längere Zeit bei mir zu Gast war, meinte der Tage: «Du kochst recht fantasievoll. Er hätte mich beobachtet und meinte, dass gewisse Zutaten die ich verwenden würde wohl so gar nicht zusammen passen würden, doch mir scheinbar schmecken würden.»
    Ja so ist es. Geschmack ist so verschieden wie die Haltungen und Weltbilder der Menschen. So individuell wie die Fingerabdrücke.
    So bereitet es Freude auch mal vollkommen und scheinbar unterschiedliche völlig gegensätzliche Gewürze zu verwenden und die Geschmacksexplosion zu erleben die einem beim Essen beglücken.

    Es ist immer wieder beglückend bewusst Handlungen anders zu gestalten. Manchmal scheinbar etwas Unpassendes zu tun, nur um zu bemerken, dass es sehr wohl seine Berechtigung hat, es gerade auf eine andere Weise auszuprobieren.

    So oft hatten wir eingeimpft bekommen, wie etwas zu tun und zu sein hat. Der lebendige Mensch ist keine Einheitsmasse der beliebig für Selbige erdachtes wortlos übernehmen wird.

    Hatte mich übrigens schon gefragt ob der Selbstdarstellungdrang mit Selfies und so, möglicherweise damit zusammen hängt. Vielleicht wollen sie uns nur sagen: «seht her, ich bin ein Mensch und doch ist an mir etwas Einzigartiges und dennoch gehöre ich dazu» Es ist möglicherweise eine unbewusste Antwort auf all die Bewertungsmechanismen die aufgekommen waren.

    Naja, werde hier mal schliessen sonst wird der Text noch zu lang *lacht* Alles Liebe!

    1. Manuela Bach sagt:

      Hallo Barbara,
      LEBENDIGKEIT ist das Zauberwort für uns Menschen und das hat nichts mit Perfektion zu tun.

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